Die unerträgliche Seichtigkeit der Mainpost

Am 06. Juni habe ich über die „Belanglosigkeiten unserer Lokalzeitung“ gebloggt und mich etwas gegrämt, dass meine lange Blogpause endet und Nörgeleien an der Mainpost wieder zu meinen bevorzugten Themen gehören, es hatte sich aber aufgestaut, weil es mich ärgerte und weiter ärgert. Zahlende Kunden dürfen das, vor allem, wenn das bezahlte Produkt immer teurer und gleichzeitig mieser wird. Meine Meinung.

„[…] eher wirkt es, dass sich bei einigen weiblichen Redaktionsmitgliedern das tagtägliche Daddeln auf Instagram und Tiktok in ihren Beiträgen spiegelt […]“, habe ich da geschrieben. Habe ich das vor knapp vier Monaten noch freundlich-euphemistisch „Inselinteressen“ genannt, sind es jetzt wirklich debilste Banalitäten, die einem als Leser zugemutet werden.

Ich halte Menschen, die jedem noch so dummen Trend auf TikTok oder Instagram hinterherhecheln, für Vollidioten. Wem das zu derb ist, bitte, aber wir waren nach der Aufklärung schon weiter und wir lesen, hören und sehen tagtäglich, was sogenannte „Soziale Medien“ anrichten. „Sapere aude“ hat der gute alte Kant damals nicht einfach dahingesagt, es war eine wegweisende Parole, nicht mehr jedem Pfaffen und jeder vermeintlichen „Autorität“ nach dem Mund zu reden, alles zu glauben und blind hinterherzulaufen, sondern selbst zu denken. Zu denken! Vergessen! Alles! Influencer heißen heute die Einfältigen, die mit banalstem Scheißdreck Hunderttausende erreichen, jeden Mist verbreiten können und damit ein Schweinegeld verdienen, weil ihnen noch größere Einfaltspinsel völlig unkritisch an den Lippen hängen und hinterherrennen wie die Ratten dem Flötenspieler in Hameln. Die sind im Wasser ersoffen, die „Follower“ rennen im schlimmsten Fall ohne Ausrüstung auf die Berge und müssen dann von Ehrenamtlichen gerettet werden, fressen irre scharfe Chilis und brauchen den Rettungsdienst oder machen sonstige saudumme „Mutproben“, die sie umbringen oder im Krankenhaus landen lassen. Oder sie säuen Schulklos ein. Natürlich muss man sich dabei immer selbst filmen oder fotografieren, um sich wiederum vor seinen ebenso doofen Followern zu brüsten.

Was das mit der Mainpost zu tun hat? Die scheinbare Luftnummernbeauftragte (s. letzter Beitrag) der Mainpost musste heute ernsthaft über 200 Volldeppen berichten, die sich im Hofgarten getroffen haben, um dort einen Pudding mit der Gabel zu essen und sich dabei zu filmen. Keine Pointe. Offenbar ist das Sommerloch noch immer nicht vorbei, der nächste Feiertag noch nicht nah genug oder die nächste Großstadtkette noch nicht in Würzburg angekommen, oder der Dame gehen die Themen aus. Für diesen Mist sollen Kunden bezahlen? Für einen Bericht über dumme Menschen, die dumme Sachen machen, nur weil das ein angeblicher Trend ist?

Aber nicht doch! Die selben Bäcker wie immer haben sicher am 03.10. offen, es sind ja noch ein paar Tage. Erst vorgestern war es die gleiche Dame, die offenbar seit Wochen kaum erwarten kann, dass eine skandinavische Großstadtkette mit komischem Namen nun in Würzburg Deko-Ramsch verkauft, wo vorher Depot Deko-Ramsch unter die Leute gebracht hat. Werden solche Artikel über Neueröffnungen bezahlt? Schon bei diesem Berlin-Döner war diese Werbung befremdlich und abstoßend. Dass es gestern nicht einen Live-Ticker gab, hat mich gewundert, online wurde jedenfalls eifrig berichtet, wie viele Konsumopfer sich mal wieder stundenlang anstellen, um zur Eröffnung in den Laden zu kommen und dort was zu kaufen. Hut ab für dieses Marketing, aber wie ich oben geschrieben habe, Kant ist vergessen, man gibt sein Hirn mit dem Rumwischen auf TikTok und Instagram offenbar jeden Tag ein bisschen mehr ab und rennt der Masse hinterher, wo andere vorausrennen.

Die Computer bei Aldi waren früher wenigstens noch hochwertig und vergleichsweise sehr günstig, damals konnte ich trotzdem nicht nachvollziehen, dass man dafür vor dem Laden ansteht. Gleiches gilt für teure iPhones oder überteuerte und künstlich verknappte Sneaker, für die man heute anstehen muss, um sich wiederum online damit zu brüsten.

Am Heuchelhof gibt man sich offenbar damit zufrieden, dass online und offline etwas zu lesen ist. Anspruch? Spärlich scheint der zu sein. Die Versuchung, diesem ganzen Elend mit einer Kündigung ein Ende zu bereiten, wird auf jeden Fall mit jedem debilen Beitrag über angebliche Trends größer.

Und wenn wir schon dabei sind, „TikTok-Trend“ schreibt man mit Bindestrich, nicht mit Deppenleerzeichen und die leeren Plastikbecher wurden sicher alle mit nach Hause genommen, weil selbst gekochter Pudding im Gefäß von daheim war das ganz bestimmt…nicht. Aber: das Niveau wird noch weiter sinken, wetten?

Von Alex

Einst habe ich an der Universität in Würzburg studiert, jetzt bin ich Lehrer. Mein Lieblingszitat stammt aus dem grandiosen österreichischen Film Poppitz: „Dänkn däaf mass, soogn liaba neet“ – schließlich sind zumindest die Gedanken frei – wer es nicht verstanden hat: „Denken darf man es, sagen besser nicht“